Personzentriert

Gute Beratung ist aufrichtig zuhören und verstehen.

Fotografiert wird aus einem Fenster, durch einen dünnen Vorhang. Im Hintergrund kann man verschleiert die Stadt im Sonnenlicht erkennen.

Jedes Mal, wenn ich diesen Satz von Carl Rogers lese, fallen mir Situationen ein, in denen ich eine eindringliche Erfahrung gemacht habe und es fallen mir Situationen ein, in denen es nicht so war, wo ich mich nicht verstanden, bewertet oder belehrt gefühlt habe. 

Es ist im Leben sehr selten, dass uns jemand zuhört und wirklich versteht, ohne gleich zu urteilen. Dies ist eine sehr eindringliche Erfahrung. 

Carl R. Rogers 

 

Es gibt einen wichtigen Unterschied, den wir beim Zuhören machen können. Ich habe ihn erstmalig vor mehr als 20 Jahren in einem Gordon-Familientraining, das Kursprogramm zur „Familienkonferenz“ von Dr. Thomas Gordon, ein Schüler Carl R. Rogers, kennengelernt. In diesem Kurs ging es darum zu lernen, wie ich meinen Kindern bei Kummer hilfreich zuhören kann, wie ich mich so äußere, dass meine Kinder mich verstehen und wie wir in der Familie Konflikte so lösen, dass alle Bedürfnisse berücksichtigt werden. Ich war von der zugrundeliegenden Haltung so begeistert, dass ich mich direkt im Anschluss für die Weiterbildung Klientenzentrierte Gesprächsführung angemeldet habe. Im Laufe der Jahre kamen weitere personzentrierte Weiterbildungen hinzu. 

Meine jüngste Tochter war damals gerade ein Jahr alt und ist mit dem personzentrierten Ansatz groß geworden. Ich erinnere mich noch gut, wie sie vor einigen Jahren mit einem Problem zu mir kam und ich, da ich wenig Zeit hatte, nicht in der gewohnten Weise zuhörte, sondern Lösungsvorschläge lieferte. Sie hörte sich das eine Weile an und sagte dann: „Mama, jetzt mal so wie immer. Hör so zu, dass ich meine eigene Lösung finde.“ Das hat gesessen. Seitdem weiß ich, wie wichtig ihr aufrichtiges Zuhören und Verstehen ist. Das klappt nicht jedes Mal sofort, aber im Zweifel verabreden wir uns. Auch die anderen beiden überraschen mich immer wieder damit, dass sie so selbstverständlich zuhören und dabei viel Wert auf den Perspektivwechsel legen. Es ist so schön zu sehen, wie sie damit auf die (Un-)Wegbarkeiten des Lebens vorbereitet sind.

Thomas Gordon hat übrigens die Grundlagen seines Elterntrainings unter dem Motto „ich bin wichtig – du bist wichtig – wir sind wichtig“ auch auf andere „Alltagsbeziehungen“ übertragen. Ziel seiner lebenslangen Foschungsarbeiten und Praxis waren die Verbesserung von Beziehungen und das gewaltfreie Lösen von Konflikten. 

In der zwischenmenschlichen Kommunikation geht es darum, zu verstehen und verstanden zu werden.

Thomas Gordon 

Der Schlüssel, den wir hierfür brauchen, ist das Zuhören. Wenn wir wiedergeben, was wir gehört bzw. verstanden haben, damit unser Gegenüber es überprüfen kann, wenn wir der Person aus dem Herzen sprechen, wenn wir die Perspektive wechseln, wenn wir andere Wirklichkeiten akzeptieren …  wenn wir durch das Zuhören neue Räume eröffnen, dann gelingt Verstehen und dann ändert sich die Qualität der Beziehung.

Obwohl ich schon so lange dabei bin: Verstehen, worum es wirklich geht und entsprechend handeln, fordert mich bis heute heraus und es lohnt sich, es immer wieder zu probieren. 

Es ist als ob er zuhörte und solches Zuhören wie seins hüllt uns in ein Schweigen, in dem wir schließlich zu hören beginnen, was wir eigentlich sein sollen.  

Lao-Tse